Alte Münze

Aktuelle Kampagne der AG Alte Münze (Juni 2022)
Die AG Alte Münze fordert eine gemeinschaftliche, öffentliche Entwicklung der Alten Münze zum Kulturstandort.
Grundlage soll die Charta sein, die im Beteiligungsverfahren 2019 erarbeitet wurde und deren Ergebnisse hier nachgelesen werden können: Charta Alte Münze

Berlin vergibt die einmalige Chance, die Alte Münze zu einem zukunftsweisenden Ort der Freien Musik-, Kunst- und Kulturszene zu entwickeln

Die Senatsverwaltung für Kultur und Europa teilte in einer Pressemitteilung am 20. Januar 2020 mit, dass die zukünftige Musiknutzung der Alten Münze allein dem Jazz und improvisierter Musik vorbehalten sein soll. Damit kommt im Wesentlichen das in Zusammenarbeit mit Till Brönner entwickelte Konzept des „House of Jazz“ zum Zuge. Dieser Richtungsentscheid der Senatsverwaltung ist fatal, grenzt er doch große Teile der Freien, experimentellen Musikszenen Berlins – die Neue Musik, die Klangkunst, das zeitgenössische Musiktheater, die elektroakustische Musik, die experimentelle Pop- und Clubmusik bis hin zur Freien alten Musikszene – von vornherein als gleichberechtigte Partner aus. Alle diese Genres bedürfen genauso wie der Jazz dringend neu zu schaffender musikgeeigneter Produktions- und Präsentationsräume in Berlin. Schon jetzt sind die Arbeits- und Aufführungsbedingungen im Zeichen einer immer dichter werdenden Stadt sehr schwierig bis katastrophal. Zudem bleibt offen, wie die in der Alten Münze für die Musiknutzung geplanten Räume inklusive zweier Konzertsäle (von 200 – 800 Zuschauer), zahlreicher größerer und kleinerer Proben- und Produktionsräume sowie eines elektronischen Studios von einem durchaus wichtigen, aber eben nur kleinen Teil der Musikszene Berlins 365 Tage im Jahr ausgefüllt werden kann.

Somit vergibt Berlin durch eine Vorfestlegung der Musiknutzung der Alten Münze die Chance, die Alte Münze in den kommenden Jahren als Gesamtkomplex zu einem herausgehobenen Standort der Freien Kunst- und Kulturszene Berlins zu entwickeln, der Strahlkraft weit über die nationalen Grenzen hinaus entfalten könnte. Der vorliegende Vorschlag leugnet die pluralistische Realität des Berliner Musiklebens und sieht unverständlicherweise davon ab, unsere Stadt als Referenzraum für musikalische Vielfalt und Innovation zu erhalten und zu positionieren.

Entscheidung der Senatsverwaltung im Alleingang: gesellschaftliche und politische Debatte nicht erwünscht?

Unabhängig vom Ergebnis bleibt die Art der Entscheidungsfindung höchst fragwürdig. Noch im Ausschuss für Kulturelle Angelegenheiten am 21. Oktober 2019 wurde von einer Festlegung der Nutzer:innen zum jetzigen Zeitpunkt explizit abgesehen, um flexibel auf Bedarfe der kommenden Jahre reagieren zu können. Wie kam es in den letzten zwei Monaten zu einem Umdenken und der Festlegung zugunsten einer Position?

Ein Schreiben der Senatsverwaltung für Kultur und Europa vom 17. Januar 2020 (übermittelt am 20.01.2020 per Mail) an den Vorstand der inm legt dar, dass die Richtungsentscheidung von der Senatsverwaltung verantwortet wird. Ist die Entscheidung auf Verwaltungsebene gefallen, obwohl es eine politische sein müsste? Welche Akteur:innen waren an der Entscheidung beteiligt und sind die Koalitionspartner in die Entscheidung einbezogen worden? Auch bleibt unklar, auf Basis welcher Kriterien die Auswahl getroffen wurde.

Die Senatsverwaltung formuliert in ihrer Pressemitteilung vom 20.1.2020, dass „aus kulturfachlicher Sicht […] die Entwicklung einer Ankerinstitution für den Jazz befürwortet [wird], da hier besondere Bedarfe für eine strukturelle Stärkung der Szene vorliegen.“ Einmal abgesehen davon, dass diese Bedarfe auch für die anderen freien Musikszenen bestehen und dass diese – aus der Perspektive der inm Berlin – in einem gemeinsamen Haus der freien Musikszenen Berlins eine Perspektive finden würde, so bleibt auch und vor allem zu fragen, welche Rolle in dieser Entscheidungsfindung die Interessen der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) spielen. Und welche Rolle bei der Entscheidungsfindung spielt die mögliche Mitfinanzierung der Alten Münze durch Bundesmittel, auf denen das „House of Jazz“-Konzept zentral beruht?

Die Berliner Kulturverwaltung ignoriert damit auch die Ergebnisse des partizipativen Prozesses, den die Senatsverwaltung zum Nutzungskonzept der Alten Münze im vergangenen Jahr durchgeführt hat. Die Akteur:innen des Beteiligungsverfahrens, die Koalition der Freien Szene, Vertreter*innen der Freien Musik- und Kulturszene, der Kreativwirtschaft sowie aktuelle Zwischennutzer:innen plädierten mehrheitlich und nachdrücklich für die Entwicklung eines Gesamtkonzeptes für das ganze Areal der Alten Münze. Sie forderten zugleich Politik und Kulturverwaltung auf, das zukünftige Nutzungskonzept der Alten Münze in einem offenen und transparenten Austausch der Zivilgesellschaft mit der Politik und Verwaltung zu entwickeln. Ein jetzt vorgenommener Richtungsentscheid für nur einen Teil der Alten Münze, ohne dieses auch nur in Ansätzen inhaltlich oder wirtschaftlich in ein Gesamtkonzept zu integrieren, ohne deren Finanzierung transparent zu diskutieren, ohne offenzulegen, zu welchem Anteil auch Bundesgelder über welchen Zeitraum die Finanzierung mittragen sollen, läuft allen Grundsätzen eines transparenten Beteiligungsverfahrens entgegen. Es ist ein Zeichen der Geringschätzung gegenüber der eingebrachten Expertise und dem ehrenamtlichen Engagement sowohl der Beteiligten des partizipativen Verfahrens als auch den Verbänden der Koalition der Freien Szene Berlin.

Wie wenig aktuell offensichtlich eine politische Debatte seitens der Senatsverwaltung und des Senators für Kultur und Europa über dieses wichtige kulturpolitische Projekt gewünscht ist, zeigt auch die zeitliche Choreographie des gestrigen Tages. Die Pressemitteilung über den Richtungsentscheid für ein „House of Jazz“ als fokussierte Musiknutzung der Alten Münze wurde von der Senatsverwaltung noch während der laufenden Kulturausschusssitzung, die sich zentral mit diesem Thema beschäftigte, veröffentlicht. Jede Debatte innerhalb dieses wichtigen parlamentarischen Gremiums war damit von vornherein obsolet.

Im Mai 2018 hat das Abgeordnetenhaus von Berlin beschlossen, dass die Alte Münze zu einem Kultur- und Kreativstandort mit Schwerpunkt im Bereich der Musik entwickelt werden soll. In einem vom Senat initiierten partizipativen Verfahren wurde daraufhin ein Konzept für die Nutzung und Herrichtung der Alten Münze erarbeitet, an dem – neben den aktuellen Zwischennutzer*innen sowie Vertreter*innen der AG Alte Münze der Koalition der Freien Szene und der Kreativwirtschaft – auch zahlreiche Vertreter*innen der Freien Musikszenen Berlins mitgearbeitet haben.

inm – initiative neue musik berlin e.V. // Vorstand

vorstand [​at​] inm-berlin.de

Am 21. Januar 2020 veröffentlicht die inm eine Stellungnahme zu diesem Beschluss. Hier finden Sie die Pressemitteilung als PDF oder als .docx.

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